Der Konkurrenzkampf im Schweizer Markt für Privatkredite spitzt sich zu. Einerseits gibt es immer mehr Online-Kreditanbieter in der Schweiz, andererseits nimmt auf der Kundenseite das Bedürfnis nach Barkrediten kaum zu.
Gemäss der Zentralstelle für Kreditinformation (ZEK) gab es 2017 rund 116’650 Neuabschlüsse von Barkrediten gemäss Konsumkreditgesetz, 2016 waren es rund 112’850 und 2015 117’115.
Die Zahl der ausstehenden Barkredite hat sogar leicht abgenommen: 2017 waren es 317’145, 2016 rund 321’250 und 2015 noch rund 333’910 Barkredite. Jedes Jahr leicht zugenommen hat nur der durchschnittliche Barkredit-Betrag: 2017 betrug er bei Neuabschlüssen rund 32’150 Franken.
Tiefzins-Angebote: Mehr Wettbewerb
Für Kreditnehmer hat der erstarkte Konkurrenzkampf in Verbindung mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Maximalzinssatz von 10% für private Barkredite immerhin den Vorteil, dass die Kreditzinssätze tendenziell sinken. Allerdings bleiben die Zinsunterschiede zwischen den Kreditangeboten gross, wie die Analyse von moneyland.ch zeigt.
«Der Konkurrenzkampf im Privatkreditgeschäft wirkt sich vor allem auf Kreditsuchende mit guter Kreditwürdigkeit aus»,
so Michael Burkhard, Analyst bei moneyland.
«Um diese kreditwürdigen Kunden werben sowohl neue als auch traditionelle Kreditgeber mit tieferen Mindestzins-Angeboten und immer ausgefalleneren Marketing-Aktionen».
Kampf um Kunden mit Marketing-Aktionen
Um im Kampf um neue Kunden nicht gegenüber neuen Anbietern ins Hintertreffen zu geraten, versuchen traditionelle Kreditanbieter mit Sonderaktionen auf sich aufmerksam zu machen. So offeriert die Migros Bank zurzeit einen Rabatt von 20 Prozent – allerdings nur für Kredite ab 5000 Franken oder für eine Krediterhöhung ab 10’000 Franken. Ausserdem gibt die Migros Bank nicht an, bis wann die Sonderaktion erhältlich ist.
Negative P2P Lending-Kredite
Noch plakativer war die kürzliche Marketingaktion des Online-Kreditanbieters Creditgate24, welcher medienwirksam mit einem Privatkredit mit negativem Zinssatz warb. Wer genau hinschaute, erkannte jedoch, dass das Sonderangebot an zahlreiche Einschränkungen geknüpft war.
So dauerte die Aktion nur zwei Wochen und war nur für Kredite mit einem Betrag von 5000 Franken und einer Laufzeit von 12 Monaten gültig. Ausserdem waren die Negativzins-Kredite nur für Personen mit «einer sehr guten Bonität» verfügbar und auf eine unbekannte Anzahl an Krediten beschränkt.
Wie viele Kredite tatsächlich vergeben wurden, konnte also der Anbieter allein bestimmen.
«Lassen Sie sich nicht von Marketing-Aktionen blenden und lesen Sie immer auch das Kleingedruckte»,
empfiehlt deshalb Benjamin Manz, Geschäftsführer von moneyland.ch.
Grosse Zinsunterschiede bei Schweizer Privatkrediten
Lange Zeit war die Migros Bank mit einem Online-Kredit-Zinssatz von 5.9% der günstigste Schweizer Anbieter für Konsumkredite. Tempi passati: Mittlerweile offerieren verschiedene Kreditinstitute und Online-Plattformen günstigere Privatkredite. So sind Privatkredite ab effektiven Jahreszinssätzen von 4.5% zu haben – wenn auch nur für Kreditnehmer mit einer sehr guten Bonität.
Die effektiven Jahreszinssätze von klassischen Kreditinstituten variieren von 4.5% bis 9.95%, bei Peer-to-Peer-Kreditplattformen von 4.5% bis 9.9% (vergleiche die tabellarische Übersicht im Anhang). Manche Kreditangebote sind also mehr als doppelt so teuer wie die günstigsten Angebote.
Dabei gilt die Faustregel: Je besser die Bonität der Kreditnehmer, desto tiefer die Kreditzinsen und damit Kreditkosten. Allerdings können die Kreditzinsen auch für identische Kreditanträge von Anbieter zu Anbieter erheblich variieren.
Jährliches Sparpotenzial von 160 Millionen Franken
Am günstigsten ist es natürlich immer, gar kein Kredit aufzunehmen. Wer trotzdem nicht auf einen Kredit verzichten möchte oder bereits einen Kredit abgeschlossen hat, sollte die Konditionen der aktuellen Kreditangebote vergleichen. Viele Kreditnehmer könnten mit einem Wechsel zu einem für sie günstigeren Zinsangebot erhebliche Mehrkosten einsparen.
Eine aktuelle Hochrechnung von moneyland.ch hat ergeben, dass Kreditnehmer 160 Millionen Franken an Kreditkosten einsparen könnten, wenn alle Kreditnehmer von ihrem bisherigen Barkredit zum günstigsten Angebot in ihrer Bonitätsklasse wechseln würden.
Das entspricht einer Einsparmöglichkeit von rund 500 Franken pro aufgenommenem Barkredit (Teilzahlungs-, Kontokorrent- und Kreditkarten-Kredite nicht mit einberechnet). Was viele nicht wissen: Kreditnehmer haben das Recht, jederzeit ihren Konsumkredit zurückzuzahlen.
Unterschätzte Kreditkosten
«Viele Kreditnehmer unterschätzen die Kosten eines Barkredits»,
stellt Benjamin Manz fest.
Ein Beispiel zeigt auf, dass die Kreditkosten beachtlich sind. Ein Kredit in der Höhe von 30’000 Franken für eine Laufzeit von 24 Monaten bei einem effektiven Jahreszinssatz von 9.95% kostet 3066 Franken, für eine Laufzeit von 48 Monaten 6194 Franken und für eine Laufzeit von 72 Monaten rund 9500 Franken. Je länger die Laufzeit, desto teurer die Kreditkosten.
«Kreditnehmer sollten sich deshalb für eine möglichst kurze Laufzeit entscheiden»,
so Manz.
Frühzeitige Rückzahlung lohnt sich
Eine frühzeitige Rückzahlung des Kredits ist, wenn es für den Kreditnehmer finanziell möglich ist, unbedingt zu empfehlen. Das zeigt ein Rechenbeispiel: Wenn ein Kreditnehmer einen Kredit in der Höhe von 30’000 Franken mit einem Zinssatz von 9.95% bereits nach 24 Monaten statt nach der gewählten Laufzeit von 48 Monaten vollständig zurückzahlt, kann er mit dieser vorzeitigen Rückzahlung fast 1700 Franken an Zinskosten sparen.
Wenn alle Kreditnehmer der Schweiz ihre Barkredite in der Hälfte der gewählten Laufzeit frühzeitig zurückzahlen würden, könnten sie nach einer Hochrechnung von moneyland.ch rund 190 Millionen Franken an Kreditkosten – das sind rund 600 Franken pro Barkredit – einsparen.
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