Vertriebsentschädigungen – Quo Vadis: Überblick für externe Vermögensverwalter

Vertriebsentschädigungen werden aktuell kontrovers diskutiert. Die Swiss Fund Platform AG, als unabhängige Schweizer Fondsplattform, gibt Ihnen mit diesem Papier einen Überblick über die Fakten und zeigt auf, wohin zukünftige Entwicklungen gehen. Ausserdem wird der Handlungsbedarf für externe Vermögensverwalter aufgezeigt sowie mögliche Alternativen diskutiert.

Von Michael Däppen, Swiss Fund Platform

Mit dem Bundesgerichtsentscheid BGE 4A_127/2012 und 4A_141/2012 vom 30. Oktober 2012 ist die Diskussion um Vertriebsentschädigungen bei kollektiven Kapitalanlagen erneut aufgeflammt. Während dem sich das Urteil BGE 132 III 460 aus dem Jahr 2006 auf den Fall eines externen Vermögensverwalters sowie Retrozessionen bezog, wurde mit dem Urteil BGE 4A_127/2012 und 4A_141/2012 erstmals der Fall einer als Vermögensverwalterin tätigen Bank sowie Vertriebsentschädigungen bei kollektiven Kapitalanlagen behandelt. Das Bundesgericht bestätigte, dass auch Vertriebsentschädigungen der Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR unterliegen, dies unabhängig davon, ob es sich um eine vermögensverwaltende Bank oder einen externen Vermögensverwalter handelt. Neben von konzernfremden Produktanbietern erhaltenen Vertriebsentschädigungen bejahte das Bundesgericht zudem eine Herausgabepflicht bei konzernintern vergüteten Vertriebsentschädigungen.

 

Herausgabepflicht weiterhin dispositiver Natur

Die Herausgabepflicht ist jedoch weiterhin dispositiver Natur und der Auftraggeber kann mittels einer Vereinbarung auf die Ablieferung von Vertriebsentschädigungen verzichten. Der Auftraggeber muss jedoch vollständig und wahrheitsgetreu über zu erwartende Vertriebsentschädigungen informiert werden. Mit BGE 137 III 393 hat das Bundesgericht die Anforderungen an einen vollständigen und wahrheitsgetreuen Verzicht definiert. Damit der Auftraggeber auf die Ablieferung verzichten kann, muss er den Umfang sowie die Berechnungsgrundlagen der Vertriebsentschädigungen kennen. Das heisst, ihm müssen die Eckwerte der bestehenden Vertriebsvereinbarungen mit Dritten sowie die Grössenordnung der zu erwartenden Rückvergütungen bekannt sein. Bezüglich der Grössenordnung ist es ausreichend, wenn die zu erwartenden Rückvergütungen in einer Prozentbandbreite des verwalteten Vermögens bekannt gegeben werden.

 

Viele offene Fragen

Viele Fragen bleiben zurzeit noch offen und ungeklärt. So gibt es beispielsweise bisher kein Bundesgerichtsurteil zur Rechenschafts- und Herausgabepflicht beim Anlageberatungsvertrag sowie der Execution-Only-Beziehung. Während dem sich die meisten Rechtsexperten einig sind, dass die Execution-Only-Beziehung nicht dem Auftragsrecht untersteht, gehen die Meinungen beim Beratungsmandat deutlich weiter auseinander. Auch der Beginn und die Dauer der Verjährungsfrist von Vertriebsentschädigungen ist zurzeit Thema der Diskussion.

sfp

MiFID II & FIDLEG

Für die externen Vermögensverwalter sind betreffend Vertriebsentschädigungen insbesondere zwei Entwicklungen relevant – die Markets in Financial Instrument Directive (MiFID II) sowie das geplante Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG). Anders als von vielen vermutet, sieht das Europäische Parlament bei MiFID II kein komplettes Provisionsverbot vor. Nur Anlageberater oder Vermögensverwalter, welche sich selber als unabhängig bezeichnen, dürfen keine Provisionen mehr entgegen nehmen. In einem nächsten Schritt müssen sich nun die EU-Staaten im Ministerrat auf eine gemeinsame Position einigen, dann folgen Verhandlungen zwischen dem Ministerrat und dem Parlament. Die Reform von MiFID II wird voraussichtlich 2014/2015 in Kraft treten. Die Schweizerische Finanzmarktaufsicht (FINMA) zeigt im «FINMA-Positionspapier Vertriebsregeln» auf, durch welche Massnahmen der Kundenschutz bei Finanzprodukten verbessert werden soll. Zur Umsetzung dieser Massnahmen soll ein Finanzdienstleistungsgesetz für den Schweizer Finanzmarkt geschaffen werden. Am 18. Februar 2013 hat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) ihren Hearingbericht zum Finanzdienstleistungsgesetz veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass Vertriebsentschädigungen, unter den Anforderungen des Bundesgerichtes an einen vollständigen und wahrheitsgetreuen Verzicht, weiterhin zugelassen sein sollen. Nichts desto trotz wird auch die Alternative eines Verbotes der Annahme von Drittvergütungen, insbesondere von unabhängigen Vermögensverwaltern, diskutiert. Der Bundesrat hat das EFD beauftragt, bis im Herbst 2013 einen Vernehmlassungsentwurf vorzulegen.

 

Unerwünschte Nebenwirkungen eines Verbotes

Einige Stimmen fordern lautstark ein generelles Verbot von Vertriebsentschädigungen. Dies scheint nicht zielführend und wenig differenziert zu sein. Im Gegensatz zu klassischen Retrozessionen steht der Vertriebsentschädigung ein realer Aufwand gegenüber. Ein Verbot von Vertriebsentschädigungen würde tendenziell dazu führen, dass sich die Banken wieder vermehrt auf ihre hauseigenen Produkte konzentrieren, da sie für ihre Vertriebstätigkeit nicht mehr kompensiert werden. Auch ein Verbot unter dem Mantel des Kundenschutzes mag nicht zu überzeugen. Gerade die Kleinanleger dürften einmal mehr das Nachsehen haben, da sie bei einem Verbot entweder keinen Zugang mehr zu einer Beratung haben werden oder sich diese nicht mehr leisten können. Dass sich die Beratungsqualität bei einem Verbot erhöht, ist also stark anzuzweifeln. Die Interessenskonflikte müssen offen gelegt werden, ein Verbot führt jedoch zu unerwünschten Nebenwirkungen. Der Hearingbericht zum FIDLEG des EFD lässt hoffen, dass die Schweiz eine konstruktive Lösung finden wird.

 

Handlungsalternativen für externe Vermögensverwalter

Dem externen Vermögensverwalter stehen grundsätzlich drei Handlungsalternativen bezüglich Vertriebsentschädigungen zur Verfügung: 1. Er fordert die Vertriebsentschädigungen ein. Der Kunde wird vollständig und wahrheitsgetreu über zu erwartende Vertriebsentschädigungen informiert und verzichtet darauf. Die Vermögensverwaltungsgebühr bleibt gleich oder wird gesenkt. 2. Er fordert die Vertriebsentschädigungen ein und leitet sie vollumfänglich dem Kunden weiter. Die Vermögensverwaltungsgebühr wird entsprechend erhöht. 3. Er besteht beim Fondsanbieter darauf in vertriebsentschädigungsfreie Tranchen zu investieren. Die Vermögensverwaltungsgebühr wird erhöht. Vertriebsentschädigungen haben mit dem Vermögensverwaltungsvertrag wenig zu tun und stehen dem externen Vermögensverwalter zur Entschädigung des Vertriebsaufwandes zu. Das Bundesgericht anerkennt, dass der konkrete Vertriebsaufwand grundsätzlich mittels einer Form des Entgelts vom externen Vermögensverwalter einbehalten werden darf. Die Rechenschafts- und Herausgabepflicht entfällt aber nur dann, wenn die Entschädigung zu keinem Interessenskonflikt führt. Aufgrund dessen ist es für den Vermögensverwalter durchaus sinnvoll, die Vertriebsentschädigungen einzufordern und nicht zugunsten der Depotbanken zu verzichten.

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Ein Kommentar

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